Wer sich scheiden lassen will, bzw. den Entschluss dazu gefasst hat, die Scheidung einzureichen, betritt in der Regel Neuland. Denn obwohl Scheidungen heutzutage Gang und Gebe sind, haben Außenstehende nur selten eine konkrete Vorstellung, wie es nach dem Entschluss weitergeht.
Auf dieser Seite habe ich daher alle wichtigen Informationen auf einen Blick für Sie zusammengefasst. Von den Voraussetzungen, um eine Scheidung einzureichen, über das konkrete Procedere bis hin zu dem, was danach passiert. Für individuelle Fragen stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit in einem persönlichen Beratungsgespräch zur Verfügung.
Scheidung einreichen – ab wann das überhaupt möglich ist
Wahrscheinlich werden Sie schon mal den Begriff des sogenannten „Trennungsjahr“ gehört haben. Dieser besagt, dass eine Scheidung erst dann eingereicht werden kann, wenn beide Partner ein Jahr lang getrennt voneinander gelebt haben. Doch was heißt das konkret und warum ist das so?
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass eine Ehe nach deutscher Rechtsprechung nur dann geschieden werden kann, wenn sie gescheitert ist. Ein solches Scheitern liegt vor, wenn die Eheleute nicht mehr als Lebensgemeinschaft auftreten und nicht davon auszugehen ist, dass sie dies zukünftig wieder tun werden. Dabei ist gerade diese „Zukunftsprognose“ wichtig. Denn das Trennungsjahr dient auch der beidseitigen Reflektion der Ehepartner, um eine vorschnell getroffene Entscheidung ausschließen zu können.
Konkret bedeutet das also, dass beide Ehepartner ein Jahr lang getrennt voneinander gelebt haben müssen. Das kann am einfachsten festgemacht werden, wenn einer von beiden aus der gemeinsamen Wohnung oder aus dem gemeinsamen Haus auszieht. Ein Trennungsjahr kann jedoch auch in den gleichen vier Wänden stattfinden. Hierzu ist laut Gesetz allerdings eine klare Trennung der Lebensbereiche gefordert. Das heißt konkret, dass die Ehepartner in getrennten Betten schlafen und ihre täglichen Angelegenheiten getrennt voneinander erledigen.
Sobald ein solches Trennungsjahr nachgewiesen werden kann und beide Partner mit der Scheidung einverstanden sind, kann ein Gericht das Scheidungsverfahren einleiten und die Ehe als gescheitert erklären.
So viel zur Theorie, denn in der Praxis herrscht (leider) nur selten Einigkeit zwischen den Ehepartnern. Erklärt sich nach dem Trennungsjahr nur eine Seite mit der Scheidung einverstanden, muss die Gegenpartei zusätzliche Belege für das Scheitern der Ehe aufführen. Es sei denn, die Ehepartner leben inzwischen seit mindestens drei Jahren voneinander getrennt.
Scheidung einreichen ohne Trennungsjahr
Gerade Menschen, die Opfer von häuslicher Gewalt oder Missbrauch geworden sind, wollen am liebsten so schnell wie möglich die Scheidung herbeiführen. Und das ist in Deutschland in bestimmten Härtefällen auch möglich, indem eine sogenannte „Blitzentscheidung“ herbeigeführt wird. Wichtige Voraussetzung hierfür ist, dass dem scheidungswilligen Ehepartner die einjährige Frist wegen unangemessenen Verhaltens des Anderen nicht zugemutet werden kann.
Scheidung einreichen – wo geht das und wer ist dafür zuständig?
Grundsätzlich ist das Familiengericht für Scheidungen verantwortlich. Hier wird die Scheidung eingereicht und abgewickelt. Konkret ist das Familiengericht des letzten gemeinsamen Wohnortes für Sie zuständig.
Weil das angesprochene Trennungsjahr oft auch mit einer räumlichen Trennung einhergeht, kann sich die Zuständigkeit jedoch wie folgt verschieben:
- Hat das Ehepaar keine Kinder, so muss sich der Antragssteller an das Familiengericht im (neuen) Wohnort des Ehepartners wenden. Zuständig ist hier also immer das Familiengericht im Ort des Nicht-Antragstellers.
- Sofern das Ehepaar Kinder hat, ergibt sich aus dem Wohnort des Kindes / der Kinder die Zuständigkeit des Familiengerichts.
Scheidung einreichen – wer kann die Scheidung beantragen?
Grundsätzlich kann jeder Ehepartner die Scheidung einreichen, wobei Sie hier noch einige wichtige Punkte wissen sollten:
- Derjenige, der die Scheidung beantragt, muss die Gerichtskosten zur Durchführung der Scheidung tragen. Die Gegenpartei ist verpflichtet, die Hälfte dieser Kosten zu übernehmen, muss diese allerdings erst nach Abschluss des Verfahrens begleichen.
- Wer in ein Scheidungsverfahren eintritt, hat nach geltendem Recht die Verpflichtung, sich anwaltlich vertreten zu lassen. In diesem Zusammenhang ist es empfehlenswert, bereits das Einreichen der Scheidung in anwaltliche Hände zu übergeben.
Scheidung einreichen – das sind die Voraussetzungen
Aus dem bisher Geschriebenen lassen sich zusammenfassend die Voraussetzungen noch einmal wie folgt darlegen:
- Die Ehepartner müssen mindestens ein Jahr lang getrennt voneinander gelebt haben, damit ein Gericht das Scheitern der Ehe vermuten kann.
- Das offizielle Verfahren beginnt mit dem eingegangenen Antrag beim zuständigen Familiengericht.
- Das zuständige Familiengericht verlangt, dass die Gerichtsgebühren per Vorschuss beglichen
Für das Verfahren an sich, in dem Sie sich anwaltlich vertreten lassen müssen, benötigen Sie außerdem noch diverse Unterlagen. Das sind mindestens die Einkommensnachweise beider Eheleute und das Familienstammbuch. Über weitere einzureichende Nachweise (bspw. über vorhandenes Vermögen, Immobilienbesitz etc.) informiert Sie Ihr Anwalt im Rahmen seines Mandates.
Die Scheidung ist eingereicht – so geht es nun weiter
Nachdem Sie oder Ihr Anwalt die Scheidung offiziell eingereicht und die Gerichtskosten bezahlt wurden, wird Ihrem Ehepartner von offizieller Seite aus der Scheidungsantrag zugestellt.
Im ersten Schritt steht nun der Versorgungsausgleich an, den das Gericht in der Regel von selbst durchführt, sofern die Ehe mindestens drei Jahre lang bestanden hat. Mit dem Versorgungsausgleich werden die Rentenansprüche ausgeglichen, die beide Ehegatten während der Ehe erworben haben. Achtung bei Eheverträgen: Dieser Versorgungsausgleich kann juristisch gesehen durch einen Ehevertrag im Vorfeld ausgeschlossen worden sein.
Im zweiten Schritt geht es nun darum, die Folgeansprüche zu klären. Das heißt: der Ehegattenunterhalt muss geklärt werden, das Sorgerecht und der damit einhergehende Kindesunterhalt, der Zugewinnausgleich, sprich eine Aufteilung des in der Ehe erzielten Gewinns sowie die Aufteilung der gemeinsamen Hausrats. Je größer die Einigkeit zwischen den beiden Parteien in diesen Punkten ist, desto weniger muss davon gerichtlich entschieden werden und desto geringer bleiben am Ende auch die Kosten.
Im dritten und letzten Schritt wird schließlich ein offizieller Termin für die Scheidung anberaumt. Hier findet eine abschließende Anhörung vor einem Richter zusammen mit Ihrem Scheidungsanwalt statt, ehe die Scheidung offiziell beschlossen wird.
Von der Theorie zur Praxis
In diesem Beitrag habe ich Ihnen alle wichtigen Informationen rund um das Einreichen einer Scheidung zusammengefasst. Bitte beachten Sie, dass dies nur einer ersten Orientierung dienen soll, die eine fundierte anwaltliche Beratung durch einen auf das Familienrecht spezialisierten Anwalt nicht ersetzen kann.
Sie haben Fragen zum Procedere? Sie wollen sich allgemein informieren? Oder sie sind sogar schon mitten im Trennungsjahr und wollen den Scheidungsantrag nun vorantreiben? Dann wird es Zeit, sich persönlich beraten zu lassen!
Hier können Sie mich für eine unverbindliche Erstberatung kontaktieren, in der wir Ihren Fall individuell miteinander besprechen können.